DIE REGELN DES VITRUV

(Bild 11) Illustration aus: Josef Giesen, Dürers Proportionsstudien im Rahmen der allgemeinen Proportionsentwicklung, Bonn 1930, Tafel I.1
(Bild 11) Illustration aus: Josef Giesen, Dürers Proportionsstudien im Rahmen der allgemeinen Proportionsentwicklung, Bonn 1930, Tafel I.1

Bei seinen Kopfkonstruktionen hielt Dürer stets an der Gesichtsdreiteilung fest, die der Architekt, Ingenieur und Kriegsbaumeister Marcus Vitruvius Polio aus Rom (1. Jhd. v. Chr.) beschrieben hatte. Sie ist Teil eines Kanons menschlicher Körpermaße aus Vitruvs "Zehn Büchern über Architektur".

 

"Denn die Natur hat den Körper des Menschen so gebildet, daß das Angesicht von dem Kinn bis zum oberen Ende der Stirn und unter den untersten Haarwurzeln den zehnten Teil (der ganzen Körperlänge) ausmacht; (...) der Kopf vom Kinn bis zum höchsten Punkte des Scheitels den achten Teil (...). Von der Höhe des Gesichtes selbst aber ist vom Kinnende bist zum unteren Ende der Nase ein Dritteil, ebensoviel beträgt die Nase von ihrem unteren Ende bis zu dem in der Mitte der Augenbrauen; von diesem Endpunkt bis zu den untersten Haarwurzeln, wo die Stirn gebildet wird, ist gleichfalls ein Drittel." 

 

VITRUVIUS, Zehn Bücher über Architektur (De Architectura libri decem), 3. Buch, 1. Kapitel, übersetzt und kommentiert von Curt Fensterbusch, Darmstadt 1996, S. 91-92. 

 

Bei Vitruvs wohl gestaltetem Menschen (homo bene figuratus)  entsprach der Kopf einem Achel der Körperlänge, das Gesicht maß ein Zehntel davon. Nach dieser Rechnung ergibt sich für die Scheitelhöhe ein Anteil von einem Fünftel des Kopfes. Dürer variierte das Verhältnis von Gesichtslänge und Kopfgröße und damit auch die Höhe des Scheitels. Auch beim Kopf eines Mannes sind andere Relationen festzustellen.