der teiler

(Bild 18) Zahlenverhältnisse von Hand eingetragen / GL = eine Gesichtslänge
(Bild 18) Zahlenverhältnisse von Hand eingetragen / GL = eine Gesichtslänge
(Bild 19) Albrecht Dürer, Adam (Konstruktionszeichnung), 1504, Feder in Braun, 26,2 x 16,6 cm, Inv.Nr. 3080v, Albertina / Wien
(Bild 19) Albrecht Dürer, Adam (Konstruktionszeichnung), 1504, Feder in Braun, 26,2 x 16,6 cm, Inv.Nr. 3080v, Albertina / Wien

Die Regelmäßigkeit beim Kopf eines Mannes ist zwar mit Lineal und Zirkel ausgeführt. Das Schema gründet aber auf auf mathematischen Größen. Teilstrecken des Kopfes und Gesichtes lassen sich in aliquoten (in eins aufgehenden) Bruchteilen der Gesichtslänge darstellen. (Eine Gesichtslänge bildete wiederum - Vitruv folgend - den zehnten Teil einer gedachten Körperlänge.) 

 

Die Abmessungen ergeben einfache Brüche von 1/2 bis zu 1/12. Selbst die Ausdehnung des Haares zu beiden Seiten des Halses war keine zufällige Eingebung des Malers, sondern wurde abgestimmt. Sie beträgt eine Gesichtslänge plus ein Neuntel. Klare Zahlenverhältnisse, in Brüchen der jeweiligen Gesichtslängen, sind auch in Dürers Münchner Selbstbildnis im Pelzrock sowie beim Schweißtuch der Veronika in Wien gegeben.  

 

Die beim Kopf eines Mannes nachprüfbare Art und Weise, Proportionalität als Brüche einer gegebenen Größe umzusetzen, ist von Dürers kunsttheoretischem Hauptwerk "Vier Bücher von menschlicher Proportion" (1528)  bekannt. In dieser Lehre bot er zwei rechnerische Methoden an, um menschliche Körper (in Typen-Varianten, männlich, weiblich und für ein Kind) mit guten Maßen auszustatten: das Teiler- und das Messstab-Verfahren.

 

Dürers langjährige Proportionsstudien werden nach gängiger Forschungsmeinung in eine frühe geometrische und eine spätestens 1512/1513 begonnene arithmetische Phase geschieden. [1] Doch auch bei seiner Suche nach geometrischen Gesetzmäßigkeiten des menschlichen Körpers ging er von festgelegten numerischen Relationen aus. 

 

Es gibt Skizzen mit (Körper-)Konstruktionen Dürers, in denen Maße sowohl als Zahlenwerte vorgegeben sind, als auch mit Zirkel und Lineal konstruiert wurden. Eine wird in der Wiener Albertina verwahrt: die Recto-Verso-Zeichnung eines Adam von 1504. Während Dürer auf der Seite mit der Figurenkonstruktion den Oberkörper geometrisch schuf, weist das Standbein Proportionsziffern nach dem Teiler-Verfahren auf (z.B. Breite der Wade = 1/16 der Körperlänge).    



[1] Albrecht DÜRER, Vier Bücher von menschlicher Proportion (1528). Mit einem Katalog der Holzschnitte, hrsg., kommentiert und in heutiges Deutsch übertragen von Berthold Hinz, Berlin 2011, S. 333-335: Hinz zufolge ende die geometrische Phase "während oder bald nach dem zweiten Venedig-Aufenthalt" Dürers. Vgl. Hans RUPPRICH, Dürer. Schriftlicher Nachlass, Bd. 2, Berlin 1966, S. 24-54; Markus RATH, Die Gliederpuppe. Kult - Kunst - Konzept, (Actus et Imago. Berliner Schriften für Bildaktforschung und Verkörperungsphilosophie, hrsg. v. Horst Bredekamp / Jürgen Trabant) Berlin / Boston 2016, S. 330-331.